13.9.2025

Mobilitätsbudget: Greenwashing oder echter Hebel?

fast2work

fast2work

Redaktion

Mobilitätsbudget: Greenwashing oder echter Hebel?

Eine Projektion für Deutschland und Europa mit Blick auf Gesellschaft, Unternehmen und Mitarbeitende.

In Belgien ist das Mobilitätsbudget nach einer mehrjährigen freiwilligen Testphase ab dem 1. Januar 2026 verpflichtend für alle Unternehmen, die ihren Mitarbeitenden Dienstwagen anbieten. Auf freiwilliger Basis haben bisher rund 5,2 Prozent der Anspruchsberechtigten dieses Angebot genutzt. Eine Zahl, die auf den ersten Blick ernüchternd wirkt. Doch in diesem Artikel wollen wir uns ansehen, welche tatsächlichen Auswirkungen bereits eine solch kleine Veränderung haben kann und was dies, übertragen auf Deutschland und Europa, konkret bedeuten würde.

Das Rechenszenario

Nehmen wir an, ein Umstieg von 5 Prozent der Dienstwagenfahrer auf Mobilitätsbudgets würde stattfinden. Klingt nach wenig? Die Summen sprechen eine andere Sprache:

Einsparungen / Ersparnisse
Vergleich Deutschland vs. Europa (EU27 + UK + EFTA)
  Deutschland Europa
Erspanis
Weniger Autos 244.000 1,17 Mio.
km-Einsparung/Jahr ≈ 1,78 Mrd. km ≈ 7,0–8,2 Mrd. km
Kraftstoff-Einsparung/Jahr ≈ 125 Mio. L ≈ 490–574 Mio. L
Rohöl-Ersparnis/Jahr (Äquivalent) ≈ 785.000 Barrel ≈ 3,1–3,6 Mio. Barrel
CO₂
CO₂-Einsparung/Jahr
(TTW, nur Verbrennung)
≈ 267.000 t ≈ 1,05–1,23 Mio. t
Zusätzliche Einsparung durch Vorkette
(WTW: Förderung, Produktion, Transport)
+80.000 t +0,3–0,4 Mio. t
Reale CO₂-Einsparungen
(WTW: Förderung, Produktion, Transport)
≈ 347.000 t ≈ 1,37–1,60 Mio. t

Die Dimension greifbar machen

Zahlen wirken oft abstrakt. Deshalb ein Vergleich: 267.000 Tonnen CO₂ (Deutschland, nur Tank-to-Wheel) entsprechen der jährlichen Emission von rund 120.000 Mittelklasse-Pkw. Oder anders gedacht: Die 1,78 Milliarden eingesparten Kilometer wären so, als stünden 16.600 Tanklaster Stoßstange an Stoßstange von Frankfurt bis München.

1. Verkehrsvermeidung

Deutschland

  • 1,78 Milliarden Kilometer weniger pro Jahr
  • Rund 54 Millionen Pendeltage bei 33 Kilometern pro Arbeitstag
  • Rein rechnerisch rund 44.400 Erdumrundungen
  • 244.000 Autos weniger. Stoßstange an Stoßstange sind das etwa 1.220 Kilometer. Das ist deutlich länger als Hamburg bis München.

Europa

  • 7,0 bis 8,2 Milliarden Kilometer weniger pro Jahr
  • 212 bis 248 Millionen Pendeltage
  • Rein rechnerisch 175.000 bis 205.000 Erdumrundungen
  • Etwa 1,17 Millionen Autos weniger. Stoßstange an Stoßstange sind das rund 5.850 Kilometer. Das entspricht etwa sieben bis acht mal Hamburg bis München.

2. Rohstoffe und Ressourcenschonung

Deutschland

  • 125 Millionen Liter Kraftstoff weniger
  • Rund 50 olympische Schwimmbecken mit je 2,5 Millionen Litern
  • Etwa 16.700 Tanklaster zu je 7.500 Litern. Stoßstange an Stoßstange ergibt das ungefähr 300 Kilometer. Das kommt fast an die Luftlinie Frankfurt bis München heran
  • 785.000 Barrel Rohöl als Äquivalent

Europa

  • 490 bis 574 Millionen Liter Kraftstoff weniger
  • Rund 196 bis 230 olympische Schwimmbecken
  • Etwa 65.000 bis 76.500 Tanklaster zu je 7.500 Litern. Stoßstange an Stoßstange sind das etwa 1.180 bis 1.380 Kilometer und damit weit mehr als Hamburg bis München
  • 3,1 bis 3,6 Millionen Barrel Rohöl als Äquivalent

3. CO₂ Wirkung

Deutschland

  • 267.000 Tonnen CO₂ Tank to Wheel (Verbrennung im Motor)
  • 347.000 Tonnen CO₂ Well to Wheel (Förderung, Produktion, Transport und Verbrennung)
  • Entspricht grob 120.000 Pkw pro Jahr Tank to Wheel und rund 158.000 Pkw pro Jahr Well to Wheel bei etwa 2,2 Tonnen pro Fahrzeug und Jahr

Europa

  • 1,05 bis 1,23 Millionen Tonnen CO₂ Tank to Wheel (Verbrennung im Motor)
  • 1,37 bis 1,60 Millionen Tonnen CO₂ Well to Wheel (Förderung, Produktion, Transport und Verbrennung)
  • Entspricht grob 477.000 bis 559.000 Pkw pro Jahr Tank to Wheel und 623.000 bis 727.000 Pkw pro Jahr Well to Wheel

Wirkungsebenen

Gesellschaft

Ein teilweiser Umstieg von Firmenwagen auf Mobilitätsbudgets würde nicht nur die Emissionen reduzieren. Er hätte auch spürbare Auswirkungen auf den Alltag vieler Menschen. Weniger Autos auf den Straßen bedeuten weniger Staus, weniger Lärm und bessere Luftqualität in Städten. Gleichzeitig würde die Abhängigkeit von importiertem Rohöl sinken, ein strategischer Vorteil für die gesamte Volkswirtschaft. Mobilitätsbudgets können so einen echten Beitrag zu nationalen Klimazielen leisten und die Transformation hin zu nachhaltiger Mobilität beschleunigen.

Mitarbeitende

Für Beschäftigte bringt ein teilweiser Umstieg von Firmenwagen auf Mobilitätsbudgets mehr Freiheit und Flexibilität. Statt auf ein einzelnes Verkehrsmittel festgelegt zu sein, können sie das Budget für unterschiedliche Zwecke einsetzen, sei es für ÖPNV, Fahrrad, Carsharing oder eine Kombination daraus. Steuerlich profitieren sie ebenfalls, da die Budgets wie der klassische Sachbezug begünstigt sind. Dazu kommt: Wer häufiger Rad fährt oder zu Fuß geht, steigert ganz nebenbei seine Gesundheit. Für viele Mitarbeitende bedeutet ein Mobilitätsbudget daher nicht nur finanzielle Entlastung, sondern auch mehr Lebensqualität.

Unternehmen

Auch für Arbeitgeber ist ein teilweiser Umstieg von Firmenwagen auf Mobilitätsbudgets attraktiv, wenn sie bereit sind, sich auf neue Wege einzulassen. Weniger Dienstwagen im Einsatz heißt mittelfristig geringere Fuhrpark- und Parkkosten. Gleichzeitig steigt die Attraktivität als Arbeitgeber, denn flexible Benefits sind in Zeiten von Fachkräftemangel ein entscheidender Wettbewerbsvorteil. Unternehmen bereiten sich mit Mobilitätsbudgets zudem auf eine Zukunft vor, in der CO₂-Bepreisung eine immer größere Rolle spielt. Positiv wirkt sich auch aus, dass die Maßnahmen direkt in die ESG- und CSRD-Berichterstattung einfließen können.

Natürlich gibt es auch Herausforderungen. Der Start bedeutet zunächst administrativen Aufwand und in manchen Belegschaften ist der Dienstwagen tief verwurzelt als Statussymbol. Doch diese Hürden lassen sich mit klarer Kommunikation und guter Planung meistern. Auf lange Sicht überwiegen die Vorteile, ökologisch wie ökonomisch.

Messbarkeit und Transparenz

Damit der Effekt von Mobilitätsbudgets nicht nur theoretisch bleibt, braucht es belastbare Daten. Lösungen wie fast2work bieten hier eine DSGVO-konforme Basis zur Erfassung von Mitarbeitenden-Mobilität. Sie machen sichtbar, wie häufig Alternativen zum Auto genutzt werden und welche CO₂-Einsparungen tatsächlich erreicht werden. Unternehmen erhalten dadurch eine transparente Grundlage für ihre Nachhaltigkeitsberichte, während Mitarbeitende individuelle Auswertungen zu ihrem Mobilitätsverhalten einsehen können. So werden Fortschritte nachvollziehbar, und jeder Einzelne erkennt, wie sein Beitrag wirkt. Diese Transparenz schafft Motivation, eigene Routinen zu hinterfragen und neue Wege auszuprobieren.

Fazit

Mobilitätsbudgets sind kein reines Greenwashing. Im Gegenteil: Schon ein teilweiser Umstieg von Firmenwagen auf Mobilitätsbudgets hätte messbare Effekte für Klima, Gesellschaft und Unternehmen. Natürlich gibt es Einstiegshürden, aber die Vorteile überwiegen deutlich. Die Frage ist also nicht, ob sich Mobilitätsbudgets lohnen, sondern wie schnell wir sie in Deutschland und Europa konsequent umsetzen wollen.

Über den Autor

fast2work

fast2work

Redaktion

fast2work bietet digitale Lösungen für das Mobilitäts- und Benefits-Management in Unternehmen. Unsere Plattform optimiert Prozesse, ermöglicht flexible Verwaltung von Mobilitätsbudgets und senkt Kosten durch steuerliche Vorteile und Nettolohn-Optimierung. Gleichzeitig erfassen wir CO₂-Emissionen für das CSRD-Reporting, fördern nachhaltige Mobilität und stärken die Mitarbeiterbindung.

Weitere interessante Artikel

9.9.2025

Mobilität und Work-Life-Balance: So träg Zufriedenheit Ihrer Belegschaft bei

Mobilität als unterschätzter Hebel für Mitarbeiterzufriedenheit

In vielen Unternehmen wird die Diskussion über Benefits und Mitarbeiterzufriedenheit vor allem mit klassischen Themen wie Gehalt, Homeoffice, Weiterbildung oder Gesundheitsförderung verknüpft. Dabei wird ein Aspekt häufig unterschätzt, obwohl er das tägliche Leben fast aller Beschäftigten prägt: die Mobilität. Der Weg zur Arbeit, die Flexibilität bei Dienstreisen oder die Möglichkeit, privat nachhaltige Mobilitätsangebote zu nutzen, wirken sich direkt auf die Zufriedenheit der Belegschaft aus.

Mobilität und Work-Life-Balance: So träg Zufriedenheit Ihrer Belegschaft bei

12.9.2025

Homeoffice-Ausstattungsbudgets: Was Unternehmen jetzt wissen müssen

Vom Ausnahmefall zur festen Erwartung

Das Homeoffice war über viele Jahre ein Randthema. Arbeitsplätze außerhalb des Büros galten oft als Ausnahme und wurden eher provisorisch eingerichtet. Spätestens seit der Pandemie hat sich die Situation jedoch grundlegend verändert. Hybride Arbeitsmodelle sind in vielen Branchen Standard geworden. Mitarbeitende erwarten heute, dass sie nicht nur im Büro, sondern auch im Homeoffice professionell arbeiten können. Für Unternehmen stellt sich deshalb die Frage, wie sie einen zweiten Arbeitsplatz sinnvoll und fair ausstatten können.

Homeoffice-Ausstattungsbudgets: Was Unternehmen jetzt wissen müssen

14.9.2025

Mobilitätsbudget im Unternehmen: So berechnen Sie den ROI und prüfen die Wirtschaftlichkeit

Mobilitätsbudgets gelten als moderne Antwort auf die vielfältigen Mobilitätsbedürfnisse von Mitarbeitenden. Doch lohnt sich der finanzielle Aufwand auch für Unternehmen? In diesem Fachartikel analysieren wir die ökonomische Seite von Mobilitätsbudgets mit ROI-Betrachtung und konkreten Argumenten für Entscheiderinnen und Entscheider in HR und Geschäftsführung.

Mobilitätsbudget im Unternehmen: So berechnen Sie den ROI und prüfen die Wirtschaftlichkeit
Weitere Beiträge

Abonnieren Sie den fast2work Newsletter

Aktuelle Informationen zu Mitarbeiter-Benefits

Praxisnahe Tipps zur Prozessoptimierung

Neuigkeiten zu gesetzlichen Änderungen

Abonnieren
Einen Moment bitte.
Oops! Something went wrong while submitting the form.

Praxisbuch: Betriebliche Mobilität

Jetzt Buch sichern

Bringen Sie Ihr Nachhaltigkeits­management jetzt mit realen Daten auf das nächste Level.

Beratung anfragen
+49(0)441 / 99 85 800
info@fast2work.de